Was soll man von einem Projekt erwarten, welches seinen Sound u.a. wahlweise als "post industrial soul" oder "afro-gothic" tituliert, aus dem finnischen Tampere, der einzigen Stadt mit einem noch aktiven Lenin-Museum, stammt und mit dem finnischen Helge Schneider (oder doch Wolfgang Müller?), MA Numminen kollaboriert? Alles und nichts - und das ist auch genau das, was sich auf der vorliegenden 7" "[I aint no] lovechild/Moscow Nineteen Eighty" findet.
Doch der Reihe nach: KOMPLEKSI, das sind Mike Not Paju an den Geräten und pHinn, Kopf hinter der finnischen Electronica-Enzyklopädie Phinnweb, an Keyboard und Gesang. Paju ist Produzent und Inhaber des Liebhaber-Labels NOISE PRODUCTION und zählt als "missing link between Tampere's hip hop and gothrock subcultures". pHinn konnte sich neben seiner schreiberischen Tätigkeit schon als DJ in seiner Heimatstadt einen Namen machen.
Alle genannten Einflüsse finden ihren Weg auf das auf 525 Stück limitierte "porno Tampere product" aus dem Jahre 2005. Die erste Seite, "[I aint no] lovechild" läßt noch den Einfluß von SUICIDE erahnen. Rhythmisch-tanzbarer Low-Fi No-Wave. pHinns Gesang versucht sich mit dem Alan Vegas zu messen - zumindest in der ersten Hälfte des Liedes, bevor er kapituliert. Tribut und Parodie gehen hier Hand in Hand. Textlich wird wohl die versuchte Aufarbeitung einer nicht einfachen Kindheit geschildert, auch hier ist man sich nicht sicher, wie ernst das Ganze gemeint ist.
Etwas seriöser geht es auf der zweiten Seite zu, wo man mit "Moscow Nineteen Eigty" politisches Terrain betritt. Die gesampelte Stimme des, den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan geißelnden, US-Präsidenten Jimmy Carter und ein stramm salutierender Breschnew, umgarnt von Panzern und einer maskulinen Sportlerin im Beiblatt weisen den Weg: Thematisiert werden die olympischen Spiele in Moskau 1980, denen viele westliche und islamische Länder in damals trauter Eintracht im Protest fernblieben. Musikalisch umgesetzt wird dies durch eine Achtziger Jahre Euro-Synthie-Pop-Nummer, die in einem verwaisten Kuhstall in der fernen finnischen Provinz aufgenommen zu sein scheint. DEPECHE MODE trifft Punk und finnischen Tango-Schmalz, das Ergebnis nennt sich "Post Soviet Electro". So charmant kann musikalische Finnlandisierung klingen! THE WIRE warnte vor "hardcore electronic cheese" - vielleicht hatte er recht. Bei der Nummer halfen die Wodka-Brüder von POLYTRON.
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