Zu ihrem zehnjährigen Jubiläum ließen sich TENHI und ihre Plattenfirma PROPHECY nicht lumpen, durchforsteten die Archive und kredenzen ein fein aufgemachtes 3-CD-Set (aufgemacht als Digibuch im Looking for Europe-Format) prallgefüllt mit raren, nicht ganz so raren und unveröffentlichten Liedern aus allen Schaffensperioden. Die insgesamt 27 Lieder lassen sich zeitlich von der prä-TENHI-Periode („Häie“) von 1995 bis 2006 („Kansienranta“ und „Linnuit“) datieren. Oft haftet dieser Art von Zusammenstellungen der Makel des Ausverkaufs und der Resteverwertung an und zumindest ich werde, im kritischen Sinne, hellhörig, wenn „alternative“ oder Demoversionen schon veröffentlichter Lieder oder Songs, „die es aus verschiedenen Gründen nicht aufs Album xy geschafft haben“ in solchem Rahmen publiziert werden. Im Falle TENHIs erwies sich diese Furcht indes als unbegründet, doch der Reihe nach…
Die erste CD vereint alle Lieder des 1997er Demos „Kertomuksia“ und der beiden Mini-CDs „Hallavedet“ (1998) und „airut:ciwi“ (2001). Die Wiederveröffentlichungen der beiden Mini-CDs ist sicherlich nicht mehr als eine nette Geste für jene Fans, die sich die Kompilation eh zugelegt hätten, aber einen oder beide Tonträger noch nicht ihr Eigen nennen. Richtig rar sind sie für sich genommen nicht. Interessanter ist da schon das Demo, an das auch in Zeiten von Soulseek sehr viel schwieriger heranzukommen ist. „Interessant“ im Sinne eines Zeitdokuments, denn zehn Jahre nach seiner Veröffentlichung zeigt „Kertomuksia“ in erster Linie, wie sehr TENHI im Laufe der Jahre als Songwriter und Instrumentalisten gewachsen sind. Den Hintergrund der Musiker aus dem Black Metal hört man den drei Titeln durch die dezent eingesetzten E-Gitarren und den Krächzgesang deutlich an. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten TYKO SAARIKKO und ILKKA SALMINEN noch als Duo. Speziell „Havuisissa Saleissa“, bei dem burzumeske Keyboardflächen auf eine von Ilkka unsicher gespielte, zitternde Snare-Drum, die dem Lied einen gewissen Military-Touch verleihen, treffen, macht die Entwicklung als Musiker deutlich.
Da weiß die zweite CD, sicherlich der Höhepunkt der Zusammenstellung, weit mehr zu gefallen: Sie vereint zehn unveröffentlichte oder in alternativen Versionen dargebrachte Titel. Die letztgenannte Gruppe macht, auf den ersten Blick vielleicht bedauerlicherweise, den Großteil aus. Doch gerade hier liegt die Stärke der Kompilation. Ohne die Klasse der finalen Fassungen von „Tuulenkaato“ auf „Maaäet“ oder „Suortuva“ auf „Väre“ schmälern zu wollen: Die hier gebotenen Versionen lassen nicht nur einzelne Arbeitsschritte im Schaffen TENHIs erahnen, sondern zaubern jeweils ganz neue Aspekte, Schattierungen und Stimmungen zutage, überflügeln die „Originale“ sogar. Ebenfalls auf CD 2 befindet sich mit „Etäisyyksien taa“ ein Lied von jenem 1997er Demotape, welches schlussendlich den Deal mit PROPHECY brachte (auf die Veröffentlichung des zweiten Titels dieses Demos, „Hallavedet“, wurde aus unerfindlichen Gründen verzichtet). Absolute Höhepunkte sind die beiden Stücke „Kansienranta“ und „Linnuit“, die mit zu dem stärksten Material gehören, das das Trio jemals geschaffen hat. Da es sich bei beiden Liedern um das aktuellste Material der Helsinkier handelt, kann man schon jetzt Großes für das fürs nächste Jahr angekündigte neue Werk erwarten.
Diese Linie wird auf der dritten CD im Prinzip beibehalten. TENHI selbst sehen die neun Lieder indes als geschlossenes Werk, weshalb dieser Silberling mit „Kaski“ (zu deutsch „Brandrodung“) einen eigenen Titel bekommen hat. Die Stimmung ist hier geschlossener und abstrakter als auf den beiden anderen Scheiben: introvertierter, in sich gekehrter und scheuer. Das Trio nähert sich noch weiter dem Eigenanspruch, minimalistisch-schamanistische Tonkunst zu schaffen. Von „Luo varjo“, einer Protoversion von „Kiolo“ abgesehen, wurden alle Lieder noch nie öffentlich zugänglich gemacht.
„Folk Aesthetic 1996-2006“ richtet sich nur auf den ersten Blick (der bei TENHI immer ein trügerischer ist) an Komplettisten und Fans. Das Werk vermag es durchaus, für sich allein zu stehen und kann den Interessierten sogar als Einstieg dienen, weshalb hier nur eine Empfehlung ausgesprochen werden kann.
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