Nick Cave: Die drei !!! und das Schicksal des Lazarus

Das Schicksal des Lazarus diente Nick Cave und seinen Bad Seeds als Aufhänger für Studioalbum Nummer 14. Das biblische Johannesevangelium berichtet über Lazarus von Bethanien, der durch Christus von den Toten auferweckt wurde. 

Weshalb ihm diese Geschichte von Bedeutung ist und etliches mehr erläutert Nick Cave 2008 wenige Tage nach seinem 50. Geburtstag. Das Interview findet in einem Berliner Hotelzimmer statt, die Promoterin gab uns 20 Minuten. Es muss also schnell gehen, denn wir haben ja nicht ewig Zeit... 

„Möchtest du Tee?“, fragt Cave gleich zu Beginn unseres Treffens und relativiert damit das hartnäckig kolportierte Schreckensbild als Journalistenfresser. „Ich habe mir meinen eigenen Tee mitgebracht. Ihr Deutschen könnt einfach keinen vernünftigen Tee kochen. Deswegen kommen auch so viele englische Künstler nicht nach Deutschland“, belehrt mich der hagere Australier, während er umständlich die Jalousien herunterlässt, um mir beim Gespräch besser in die Augen gucken zu können. 

Schöner Start, aber die Zeit rennt:

Warum der Titel „Dig!!! Lazarus Dig!!!“? Geht es darum, sich zu verstecken, vom Antlitz der Erde zu fliehen? „Es ist einfach nur ein cooler Titel. Wir könnten hier natürlich stundenlang herumsitzen und über Parallelen philosophieren“, kommentiert Cave lakonisch. „Ich liebe diesen Titel, vor allem die drei Ausrufezeichen. Das wirkt sehr fordernd, wie ein Befehl. Außerdem hat mir meine Lehrerin in der Schule immer verboten, drei Ausrufezeichen zu benutzen.“

Aber zumindest der Eröffnungstrack gleichen Namens wird doch eine inhaltliche Bedeutung haben? „Es dreht sich darum, Dinge neu zu erfinden. So wie ich auch versuche, mich mit meinen Scheiben stets neu zu erfinden. Schau Dir ‚Let Love In‘ an, gefolgt von den ‚Murder Ballads‘, ein grundverschiedenes Album. Dann kam ‚The Boatman’s Call‘ und darauf ‚No More Shall We Part‘. Es geht um Wiedergeburt, und genau das repräsentiert Lazarus. Er wird neu geboren.“

Daneben nennt Nick Cave in einem Pressetext den Entfesselungskünstler Harry Houdini als Inspiration für das Lied. „Nein, ‚Dig…‘ hat eigentlich nichts mit Houdini zu tun“, korrigiert Cave: „Lediglich der Geist ist in dem Song derselbe. Ich bin von ihm stark beeinflusst und inspiriert.“ 

Die Erzählung von Lazarus beschäftigt den religiös erzogenen Mann aus Down Under bereits seit Kindestagen. „Damals machte mir die Lazarus-Geschichte richtig Angst“, erinnert er sich: „Er ist ja im Prinzip ein Zombie, der aus dem Reich der Toten wiederkehrt. Aber im Grunde will er zurück in den ewigen Schlaf. Sämtliche Charaktere auf dem Album befinden sich in einem Schlaf- oder Dämmerzustand. Es gibt auch eine spezielle Logik auf der CD – die Logik der Träume.“

Wie schätzt denn der bekennende Bibelstudent in diesem Kontext das Phänomen der Wiederauferstehung Jesu ein? „Daran habe ich nie geglaubt. Das ist für mich immer noch Bullshit “, lacht er trocken. „Das gilt auch für die jungfräuliche Empfängnis. Ich bin vom Leben und den Worten Christi sehr eingenommen. Die Wiederauferstehung habe ich allerdings nie abgekauft.“ 

Teil 2 des Interviews: über Nick Caves Arbeitsweise, alte Männer und Sex 
 

Nick Cave, Copyright: Ralph_PH (Flickr), Creative Commons

Nick Cave 2021 live in Croydon, Großbritannien... Copyright: Ralph_PH (Flickr), Creative Commons

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